Operation: Ablauf und Nachsorge

von Prof. Dr. med. Hans Udo Zieren

OPERATION: ABLAUF UND NACHSORGE

Patienten, die sich vorab mit dem Thema Schilddrüsenoperation beschäftigen, sind besser informiert. Sie wissen, was auf sie zukommt, können bei der Behandlung mitentscheiden und die Heilung positiv unterstützen.

Wie sieht die Operationsvorbereitung aus?

In den meisten guten Kliniken sind die Abläufe rund um eine Schilddrüsenoperation grundsätzlich vergleichbar. Im Detail gibt es natürlich Unterschiede und Besonderheiten zwischen verschiedenen Chirurgen und Kliniken. Um dem Besucher unserer Homepage eine möglichst konkrete Vorstellung davon zu vermitteln, was ihn erwartet, seien im Folgenden die Abläufe im St. Agatha-Krankenhaus in Köln beispielhaft dargestellt.
Die definitive Entscheidung für eine Schilddrüsenoperation und die Auswahl des richtigen Operationsverfahrens erfordern eine Reihe an Voruntersuchungen. Diese werden in der Regel ambulant durchgeführt.

Zur Beurteilung der Schilddrüse und zur Planung der Operation sind wichtig:

  • die Bestimmung der Schilddrüsenwerte im Blut
  • eine Ultraschalluntersuchung
  • eine Szintigrafie der Schilddrüse
  • eine Funktionskontrolle der Stimmbänder durch einen HNO-Arzt

Zur Beurteilung der Operations- und Narkosefähigkeit werden benötigt:

  • eine Laboruntersuchung des Blutes
  • manchmal ein EKG
  • evtl. eine Röntgenuntersuchung des Brustkorbes

Die meisten Patienten werden schon mit den entsprechenden Untersuchungsbefunden von ihrem Hausarzt, Nuklearmediziner oder Endokrinologen zur ambulanten Sprechstunde überwiesen. Dort können Chirurgen und Anästhesisten die Operation und Narkose soweit vorbereiten, dass der Patient erst wieder am geplanten OP-Termin ins Krankenhaus kommt.

Was geschieht am Operationstag?

Vor dem Eingriff
Eine Schilddrüsenoperation wird in der Regel in Vollnarkose durchgeführt. Am Tag der Operation darf vor dem Eingriff deshalb nichts gegessen, getrunken und auch nicht geraucht werden. Für die Operation zieht der Patient spezielle OP-Kleidung an. Auf der Pflegestation erhält er bereits verschiedene Medikamente zur Narkosevorbereitung und Beruhigung (Prämedikation). Schließlich wird er in seinem Bett vom Pflegepersonal in die OP-Abteilung gefahren.

Bei der Operation
Während der Operation wird an einem Arm eine Infusion (Tropf) angelegt. In die Operationswunde am Hals werden manchmal ein oder zwei dünne Katheter (Drainagen) zum Ableiten von Blut und Wundflüssigkeit eingelegt, die mit kleinen Ablaufbehältern verbunden sind. Um zusätzliche Narben zu vermeiden, werden eventuelle Drainagen im St. Agatha Krankenhaus direkt aus der Wunde und nicht gesondert an einer anderen Stelle aus der Haut ausgeleitet und möglichst früh auch wieder entfernt.
Am Ende der Operation wird die Wunde verschlossen. Im St. Agatha Krankenhaus wird dazu eine so genannte Intrakutannaht verwendet. Bei dieser speziellen Technik wird die Naht an der einen Seite der Wunde eingestochen, unsichtbar in der Haut geführt und am anderen Ende wieder ausgestochen. So wird für die ganze Naht nur ein einziger Faden benötigt. Zusätzlich werden die Wundränder durch spezielle bräunliche Klammerpflaster optimal adaptiert. Die Pflaster schützen gleichzeitig vor Infektionen und Verschmutzung. Darüber werden noch eine Mullkompresse und ein steriles, weißes Wundpflaster geklebt.

Nach dem Eingriff

Wenn keine Besonderheiten bestehen, wird der Patient nach der Operation vom Pflegepersonal aus der OP-Abteilung in seinem Bett abgeholt und auf ein Stationszimmer gebracht. Gegen Wundschmerzen und Schwellungen erhält der Patient routinemäßig entsprechende Medikamente, so dass keine wesentlichen Schmerzen zu erwarten sind. Falls diese Therapie im Einzelfall nicht ausreichend sein sollte, können stärkere Medikamente verabreicht werden.
Bei glattem Verlauf können die Patienten bereits wenige Stunden nach der Operation wieder trinken, essen, in Begleitung einer Krankenpflegeperson aufstehen und die Toilette benutzen.

Wie laufen die Tage nach der OP ab?

Das Ziel der weiteren Behandlung ist, die körperliche und seelische Befindlichkeit des Patienten möglichst rasch wiederherzustellen. Dazu dient das so genannte Fast-Track-Konzept, das unmittelbar nach der Operation beginnt. Hierzu gehören u.a. eine optimierte Schmerztherapie, die frühzeitige Mobilisation, eine baldige Nahrungszufuhr und der möglichst frühe Verzicht auf Infusionen, Katheter und Drainagen.
Nach Eingriffen an der Schilddrüse kommt im St. Agatha-Krankenhaus zusätzlich eine speziell konzipierte Kälte-, Atem- und Inhalationsbehandlung zum Einsatz. Bei Verspannungen sind Fango-Packungen und Krankengymnastik sinnvoll. Der erste Verbandswechsel erfolgt am Morgen nach der Operation. Bei glattem Verlauf werden hierbei auch eventuelle Drainagen sowie sonstige Schläuche und Infusionen entfernt. Schilddrüsenpatienten sind dann nur noch an ihrem frischen Pflaster zu erkennen.

Bereits am ersten Tag nach der OP darf der Patient auch kurz duschen. Die Patienten dürfen sich ab dem ersten Tag frei auf der Station und im Krankenhaus bewegen. Wenn keine Komplikationen auftreten und die Wunde gut heilt, können die meisten Patienten bereits zwei bis vier Tage nach der Operation entlassen werden. Jeder Patient erhält seinen individuellen Schilddrüsen-Pass, in dem alle wichtigen Informationen zur Operation und die Empfehlungen zur Nachbehandlung dokumentiert sind.

Was ist bei der Nachbehandlung zu beachten?

Wundheilung und Fadenziehen
Bei regelgerechtem Heilverlauf werden die Klammerpflaster und der Hautfaden im St. Agatha Krankenhaus genau sieben Tage nach der Operation entfernt. Bei der Intrakutannaht ist das völlig schmerzfrei. Der Faden kann sowohl beim Hausarzt als auch in der Krankenhausambulanz gezogen werden. Da die feingewebliche Begutachtung der Operationspräparate manchmal ein wenig Zeit erfordert und der definitive Befund bei Entlassung des Patienten meist noch nicht vorliegt, kommen viele Patienten zum Fadenziehen gern in die Spezialsprechstunde. In einem Abschlussgespräch können auch noch bestehende Fragen geklärt und das weitere Vorgehen abgestimmt werden.
Zum Zeitpunkt der Fadenentfernung können manchmal noch Schwellungen, Verhärtungen oder Blutergüsse im Narbenbereich bestehen. Diese bilden sich meist von selbst komplett zurück. Auch die sichtbare Narbe wird sich in den folgenden Wochen noch verändern: Im Endzustand sollte sie nur noch fein, hell und ganz weich sein.

Bis das optimale Resultat erreicht ist, müssen Patienten manchmal ein Quäntchen Geduld aufbringen. Je nach Konstitution und Veranlagung kann das Verblassen der Operationsnarbe ein paar Wochen bis Monate dauern. Ein günstiges kosmetisches Resultat kann durch eine gute Narbenpflege unterstützt werden. Hierzu gibt es im St. Agatha-Krankenhaus eine eigene Narbensalbe und Pflegeanleitung.

Nachbehandlung bei gutartigen Erkrankungen
Da bei jedem operativen Eingriff mehr oder weniger viel Schilddrüsengewebe entfernt wird, hat dies auch einen Einfluss auf das hormonelle Gleichgewicht. Grundsätzlich gilt: Je mehr Schilddrüsengewebe entfernt wird, desto ausgeprägter ist der Abfall des Hormonspiegels. Je weniger Gewebe entnommen wird, desto geringer ist zwar die hormonelle Veränderung, allerdings ist das Risiko für eine erneute Knotenbildung oder Vergrößerung umso höher.
Ziele der Nachsorge bei gutartigen Erkrankungen sind daher die optimale (medikamentöse) Einstellung der Schilddrüsenhormone und die bestmögliche Vorbeugung von Krankheitsrückfällen (Rezidivprophylaxe). Die Art der medikamentösen Nachbehandlung richtet sich nach der Grunderkrankung und Größe des Schilddrüsenrestes. Wenn bei der Operation kein Schilddrüsengewebe belassen wird, erfolgt eine Hormonersatztherapie mit Thyroxin.

Wenn ein Rest bis etwa 6 Gramm funktionstüchtiges Schilddrüsengewebe belassen wird, würde es trotz des Restes ohne eine medikamentöse Hormongabe zu einer Unterfunktion kommen, sodass diesen Patienten frühzeitig Thyroxin und Jod verschrieben wird. Wird mehr als etwa 6 Gramm funktionstüchtiges Schilddrüsengewebe im Körper belassen, kann bei ausreichender Eigenproduktion auf eine Hormongabe verzichtet werden. Zur Rezidivprophylaxe erhalten solche Patienten in der Regel nur Jod-Tabletten.

Nachbehandlung bei bösartigen Erkrankungen
Nach Vorliegen aller Befunde wird gemeinsam mit dem Patienten entschieden, ob und welche weiteren Krebsbehandlungen nach der Operation erforderlich sind. Im SchilddrüsenZentrum Köln erfolgt die Abstimmung und Koordination mit den entsprechenden Experten unter Einbindung des Hausarztes. Eine gute Nachsorge dient der Überwachung der Tumorfreiheit und der optimalen Einstellung mit Schilddrüsenhormonen.
Eine klassische Strahlen- oder Chemotherapie wird nur sehr selten eingesetzt. Am häufigsten erfolgt eine Radiojodtherapie. Diese wird je nach Tumorstadium bei papillären und follikulären Schilddrüsenkrebsen durchgeführt. Umfang und Intensität der Nachsorge unterscheiden sich bei den einzelnen Tumorarten und -stadien erheblich und sollten bei den meisten Krebsen zumindest in der ersten Zeit in der Hand eines Spezialisten bleiben. Die Prognose bei Schilddrüsenkrebs hängt ganz wesentlich vom Typ und Ausbreitungsstadium des Tumors sowie der Qualität der chirurgischen Therapie ab.

Im Allgemeinen sind die Heilungsaussichten vor allem bei den häufigen Krebstypen sehr gut. Die Diagnose Krebs ist für die meisten Patienten jedoch erst einmal ein Schock. Sie führt zu Verunsicherung und Angst. Denn an Krebs erkrankt nicht nur der Körper. Auch die Seele gerät aus dem Gleichgewicht. Deshalb ist es wichtig, möglichst offen über die Erkrankung zu sprechen. Erfahrungsgemäß kann der Austausch mit anderen Betroffenen ebenso wie eine professionelle psychosoziale Begleitung sehr hilfreich sein. Es gibt mittlerweile eine Reihe von Selbsthilfegruppen für Patienten mit Schilddrüsenkrebs, in denen Betroffene rasch und persönlich Hilfe finden können.

Was macht man bei operationsbedingten Komplikationen?

Stimm- und Sprachstörungen
Kommt es nach der Schilddrüsen-Operation nicht zu einer kompletten Wiederherstellung der Stimm- und Sprachqualität, spricht man von einer postoperativen Stimmstörung. Dann klingt die Stimme zum Beispiel heiser, leise oder tonlos. Manchmal treten auch zusätzliche Beschwerden wie vermehrte Sprechanstrengung, Räusperzwang oder ein Fremdkörpergefühl auf.
Zum frühzeitigen Erkennen und Behandeln von Stimm- und Sprachstörungen sollte möglichst rasch eine Kontrolle durch einen Hals-Nasen-Ohren-Arzt erfolgen. Dieser überprüft die Funktionsfähigkeit und Beweglichkeit der Stimmbänder und leitet bei Bedarf die richtige Therapie ein.
Bei Stimmbandlähmungen erfolgt zunächst eine intensive logopädische Behandlung. Kommt es nicht zur Erholung der Stimmbandfunktion oder ist der Patient mit dem Resultat nicht zufrieden, können verschiedene operative Korrektureingriffe am Kehlkopf oder den Stimmbändern zum Einsatz kommen.

Kalziummangel
Bei jeder Operation an der Schilddrüse kann die Funktion der Nebenschilddrüsen beeinträchtigt werden. In Folge kann es zu einem Abfall der Kalziumkonzentration im Blut kommen (Hypoparathyreoidismus). Daher wird dieser Wert nach jeder Schilddrüsenoperation überprüft. Ist er niedrig, sollte auch der Parathormonspiegel kontrolliert werden.
Insgesamt haben die Nebenschilddrüsen ein enormes Erholungspotential. Unter günstigen Bedingungen kann sogar eine einzige gut funktionierende Nebenschilddrüse nach einer gewissen Anpassungszeit eine ausreichende Hormonproduktion sicherstellen. Dies kann jedoch einige Wochen bis Monate dauern.
Bis zur Normalisierung der Parathormonproduktion wird den betroffenen Patienten ein Kalziumpräparat und zusätzlich oft auch Vitamin-D verschrieben. Es ist wichtig, das verbliebene Nebenschilddrüsengewebe zur Hormonproduktion anzuregen. Dazu muss die Kalzium- und nachfolgend die Vitamin-D-Dosis schrittweise reduziert werden. Im Verlauf zeigt sich dann, ob die Eigenproduktion wieder ausreichend funktioniert.