Medikamentöse Therapie

von Prof. Dr. med. Hans Udo Zieren

MEDIKAMENTÖSE THERAPIE

Bei einem Großteil der Schilddrüsenerkrankungen erfolgt zunächst ein Versuch mit medikamentöser Behandlung. Auch nach einer Operation oder Strahlentherapie ist häufig eine weitere medikamentöse Behandlung erforderlich.

Welche Medikamente kommen zum Einsatz?

Jod
Ein chronischer Jodmangel gilt als ein möglicher Auslöser der krankhaften Schilddrüsenvergrößerung (Struma). Ist die Schilddrüsenhormonlage bei solchen Patienten ausgeglichen, ist die einfachste und wirkungsvollste Therapie die Gabe von Jodid in Tablettenform. Dadurch wird der Jodmangel in der Schilddrüse aufgehoben. In günstigen Fällen kann es alleine dadurch zu einer Verkleinerung oder zur Verhinderung einer weiteren Vergrößerung der Schilddrüse kommen.
Bei einer drohenden oder bestehenden Schilddrüsenüberfunktion ebenso wie einer Schilddrüsenentzündung vom Typ Hashimoto sollte vom Patienten außerhalb der normalen Nahrung kein zusätzliches Jod aufgenommen werden.

L-Thyroxin
Schilddrüsenhormone können sehr gut künstlich hergestellt werden. Sie werden in Tablettenform eingenommen und haben im Vergleich zu anderen Hormonen eine ausgesprochen gute Verträglichkeit. Die Gabe von künstlichem Schilddrüsenhormon ist die Therapie der Wahl bei der Unterfunktion der Schilddrüse (Hypothyreose) ungeachtet der konkreten Ursache. Die häufigsten Ursachen sind das Endstadium der Hashimoto-Thyreoiditis oder die Unterfunktion nach einer Operation oder Radiojodtherapie.
Auch bei einer Jodmangelstruma kann eine Behandlung mit Thyroxin erfolgen. Durch den chronischen Jodmangel kommt es in der Hirnanhangdrüse nämlich zu einer vermehrten Produktion des schilddrüsenstimulierenden Hormons (TSH). Das führt wiederum in der Schilddrüse zu einem Wachstumsanreiz. Durch die Gabe von synthetischem Schilddrüsenhormon kann dieser Mechanismus unterbrochen werden. Dadurch kann bei einem Teil der Patienten eine Verkleinerung der Schilddrüse und manchmal auch von Knoten erreicht werden. Bei einer Jodmangelstruma erfolgt häufig eine Kombinationstherapie von Thyroxin und Jod, da sich die beiden Substanzen gut ergänzen.
Auch bei konsequenter und frühzeitiger Behandlung lässt sich das weitere Wachstum eines Kropfes nicht immer verhindern, so dass zur Verkleinerung eine Operation erforderlich ist.

Wurde bei der Operation viel Schilddrüsengewebe entfernt, erhalten die Patienten nach der Operation künstliches Schilddrüsenhormon, damit es nicht zu einem TSH-Anstieg und damit zu einer erneuten Vergrößerung oder Knotenbildung kommt (Rezidivprophylaxe). Wurde die Schilddrüse komplett entfernt, muss das fehlende Schilddrüsenhormon künstlich zugeführt werden (Hormonersatz), da es ansonsten zu einer gefährlichen Schilddrüsenunterfunktion kommen kann. Vergleichbares gilt auch nach einer Radiojodtherapie. Bei richtiger Dosierung ist die Behandlung mit künstlichem Thyroxin in der Regel frei von Nebenwirkungen. Allerdings muss die richtige Dosierung regelmäßig kontrolliert und bei Bedarf angepasst werden. In den meisten Fällen ist die Tabletteneinnahme lebenslang erforderlich. Bei einer drohenden oder tatsächlichen Überfunktion dürfen natürlich keine zusätzlichen Schilddrüsenhormone gegeben werden.

Thyreostatika
Die übermäßige Produktion von Schilddrüsenhormonen (Hyperthyreose) kann mit so genannten Thyreostatika vermindert werden. Hierfür gibt es verschiedene Medikamente mit unterschiedlichen Wirkmechanismen. Heutzutage werden am häufigsten Medikamente vom Thionamid-Typ (Thiamazol, Carbimazol) eingesetzt. Diese hemmen in der Schilddrüse den Einbau von Jod in die Schilddrüsenhormone und reduzieren damit die Neuproduktion. Die bereits im Körper befindlichen Schilddrüsenhormone werden durch diese Medikamente nicht beeinflusst. Die Senkung des erhöhten Hormonspiegels erfolgt erst durch den natürlichen Abbau und kann daher einige Zeit in Anspruch nehmen.
Thyreostatika sind zwar sehr effektiv, leider aber auch nicht frei von zum Teil sehr gefährlichen Nebenwirkungen. Daher sind unter der Therapie engmaschige ärztliche Kontrollen erforderlich. Wegen dieser Nebenwirkungen sind Thyreostatika zur Langzeittherapie nur sehr eingeschränkt geeignet. Bei Patienten mit einer länger bestehenden Hyperthyreose sollte daher eine alternative und definitive Behandlung durch eine Operation oder eine Radiojodtherapie in Erwägung gezogen werden.

Betablocker
Bei einer Schilddrüsenüberfunktion können Störungen des Herz-Kreislauf-Systems mit Herzrasen, Herzrhythmusstörungen, Bluthochdruck oder Zittern im Vordergrund stehen. Solche Folgen können bis zum Erreichen einer normalen Schilddrüsenfunktion durch Thyreostatika mit so genannten Betablockern behandelt werden. Nach der Normalisierung der Schilddrüsenüberfunktion bessern sich in der Regel auch die Auswirkungen der Hyperthyreose auf das Herz-Kreislauf-System.

Antiphlogistika
Bei akuten schmerzhaften Entzündungen mit lokalen Beschwerden kann eine medikamentöse Behandlung mit „Entzündungshemmern“ (Antiphlogistika) erforderlich sein. Bei schweren Verlaufsformen ist manchmal auch der kurzfristige Einsatz von Kortison nötig.